Inklusion politisch gewollt? Geplantes Bundesteilhabegesetz (BTHG) behindert!

Helga
LAG Gesundheit u. Soziales

Das BTHG soll bis Dezember vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

Es heißt, durch eine neue Definition der Bedarfsfeststellung der Eingliederungshilfe würde das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe, Partizipation und Inklusion von Menschen mit Behinderungen besser verwirklicht.

Mitgestaltung und Einflussnahme für mehr Inklusion  durch die 11-12 Millionen Betroffenen mit festgestellter Schwerbehinderung sind bei der Entstehung des Gesetzestextes nicht  erkennbar. Ihre Kernforderungen – an die sich 140 Organisationen und Vereine angeschlossen haben - wurden missachtet. Vertreter von Behindertenverbänden waren zu Anhörungen nur zugelassen. Eltern von Jugendlichen mit körperlichen, geistigen, psychischen Einschränkungen kommen im BTHG nicht vor.

In Debatten über den Gesetzentwurf die Rede von „Effizienz“, „Evaluierungen“, „Nachweisen von Bedarf“, „verwertbarer Arbeit“ usw.

Laut UN-Behindertenrechtskonvention - die von der deutschen Regierung unterschrieben wurde - entscheiden Menschen mit Behinderung wo, wie und mit wem sie wohnen und leben möchten und dafür bei Bedarf Assistenz oder Unterstützung bekommen. Sie sollen nicht gegen ihren Willen in Heimen leben müssen, weil sie nur dort bestimmte Leistungen bekommen würden. Behinderung darf laut UN-Behindertenrechtskonvention nicht arm machen. Menschen mit Behinderung sollen danach ihr Einkommen und Vermögen behalten dürfen. Menschen mit Behinderungen sollen eigenes Geld haben. Das gilt selbstverständlich auch, wenn sie zum Beispiel in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung leben.

Fakt ist jedoch, dass die Unterstützung für Menschen mit Behinderung mit dem neuen Gesetz gekürzt würde. Das neue Gesetz hat das erklärte Ziel, dass die Ausgaben für Eingliederungshilfe nicht weiter steigen. Das würde führt faktisch dazu führen, dass die Menschen künftig weniger Leistungen bekommen.

·         Für einen Kinobesuch müssten sie warten, bis fünf Personen zusammen sind

·         Sie müssten umziehen, wenn die Wohnung zu teuer ist

·         So viel wie sie für ihren Urlaub sparen möchten, dürfen sie gar nicht auf dem Konto haben    

·         Studieren ginge nur, wenn beispielsweise keine Freunde vorhanden wären, sie Depression hätten, der Betroffene unmusikalisch wäre und nicht kochen kann…denn

nach dem neuen Bundesteilhabegesetz gibt es Unterstützung durch Eingliederungshilfe nur, wer Unterstützung in mindestens 5 von 9 Lebensbereichen braucht (§99 SGB IX) wie Arbeitsleben, Mobilität, Kommunikation, Selbstständigkeit, Häuslichkeit, psychisch u.a. Menschen mit Behinderung brauchen aber oft nur bei wenigen Bereichen Unterstützung. Zum Beispiel wenn es um Verträge, Hilfe beim Lernen oder beim Sprechen geht. Sie würden keine Hilfe mehr bekommen.

Des Weiteren werden „Teilhabeleistungen“ der neuen Eingliederungshilfe nachrangig  gegenüber Pflegeleistungen gestellt. Das heißt, Menschen mit Behinderung müssen sich vorrangig an eine Pflege-Einrichtung wenden wenn sie Unterstützung brauchen. Vor allem jungen Menschen mit Behinderung wehren sich zu Recht dagegen, als  „Pflegefälle“ behandelt zu werden.

Das neue Recht ist komplizierter und macht es, schwieriger, Hilfe zu beantragen.

Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sollen zudem weniger Geld bekommen. Anbieter von Leistungen würden dazu gezwungen, die Qualität ihrer Leistungen zu verschlechtern.     

Bei marktförmigen Beziehungen in allen Lebensbereichen und stark gestiegener soziale Ungleichheit hierzulande führen objektive Leistungskriterien und Zuweisungspraktiken dazu, soziale Selektivität zu verschärfen. Inklusion im Rahmen marktförmig orientierter Gesellschaft unterliegt einem Anpassungsdruck in Bezug auf Verwertung und Auslese, der quer zu dem politischen Anspruch steht.

Was wäre, wenn Inklusion politisch gewollt wäre?     

-          Gute und sinnvolle Regeln aus dem Sozialgesetzbuch 9 würden erhalten bleiben.

-          UN-Behindertenbegriff würde ins Neunte Sozialgesetzbuch übernommen

-          Das Recht auf Arbeit würde für Menschen umgesetzt, die sehr viel Hilfe brauchen (d.h. Arbeitnehmer- statt Patientenstatus im zweiten und dritten Arbeitsmarkt)

-          Keine Verwischung von Verschiedenheit im Bildungsbereich, bei dem Stärkere der Maßstab sind.